Angestelltengespräch 2017 - Yes we burn

IG Metall Angestelltengespräch beschäftigt sich mit dem Thema „indirekte Steuerung“

25.10.2017 | „Wir leben für unser Unternehmen. Wir stellen unsere Arbeit in den Vordergrund. Wir wollen den Erfolg“, so eröffnete Guido Lesch, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Völklingen das diesjährige Angestelltengespräch mit dem Titel: Yes, we burn. Rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus den Betrieben, um am Dienstagabend, 24. Oktober 2017, das Kongresszentrum der SHG-Kliniken in Völklingen zu füllen, auch Geschäftsführer und Personalmanager waren gekommen.

Wir alle haben die Arbeitswelt in Form der direkten Steuerung erlebt und gelebt, was heißt, der Unternehmer hat die Vorgaben gemacht und alle in der Betriebshierarchie sind den Unternehmenszielen gefolgt, so die Entwicklung unserer Industriegesellschaft bis heute. Die neue Managementmethode der indirekten Steuerung führt dazu, dass der Unternehmer zur Seite tritt und Aufgaben an Teams bzw. Gruppen im Betrieb überträgt. Viele fühlen sich wohl in dieser neuen Rolle des „Selbst-Entscheiden-Dürfen“. Es entwickelt sich eine neue Freiheit, wie Vertrauensarbeitszeit, Mitgestalten, Mitverantworten und vieles mehr. Eine ganz spannende Entwicklung mit interessanten Erkenntnissen und Ergebnissen.

Die IG Metall hat mit einem Theaterstück des Kölner Ensemble Xtrameile und einem folgenden Referat des Philosophen Stephan Siemens an diesem Abend einen großen Raum geschaffen, um sich der neuen unternehmerischen Strategie der indirekten Steuerung und deren Auswirkungen anzunähern.

„…Ihr seid die Junkies einer neuen Sucht. Der Arbeitssucht, die Arbeit sucht…“, sang Consulterin Baumann im Stück „Yes we burn!“ ironisch. Martina Frenzel, Theaterfrau und Diplom-Psychologin und Signe Zurmühlen, Schauspielerin, wollten damit auf das immer größer werdende Problem der Arbeitsintensität hinweisen, die von außen betrachtet oft als „Selbstausbeutung“ erscheint.

„Die Menschen engagierten sich früher in Vereinen, das ist heute kaum noch so. Heute nimmt die Arbeit den gesellschaftlichen Platz bei immer mehr Menschen ein“, so Stephan Siemens „… und somit bestimmt der Arbeitgeber was gesellschaftlich sinnvoll ist. Aber wenn der Unternehmer den unternehmerischen Löffel abgibt, das heißt, er führt die indirekte Steuerung ein und wir sollen den Löffel nehmen, dann sollten wir ihn auch nehmen - doch wir sollten lernen damit zu essen“, betonte er weiter, „Verantwortung zu übernehmen, ist okay, aber wir müssen uns selbst schützen, damit dies nicht zum persönlichen Ausbrennen führt“.

Eben genau darum ging es an diesem Abend: Immer mehr Menschen werden krank durch Arbeit, immer mehr Menschen sind ausgebrannt. Burnout ist beispielsweise eine Folge dieser neuen Arbeitsorganisation. Da stellt sich die Frage, wie wir der indirekten Steuerung so begegnen, dass Menschen mitmachen, aber nicht krank werden.

Guido Lesch forderte flächendeckend eine neue Arbeitszeitpolitik. „Wir brauchen verbindliche Regelwerke was Vereinbarkeit, Beruf, Familie, Kultur, Freizeit und Gesundheit anbelangt“. Die IG Metall fordert in der Tarifrunde 2018 in der Metall- und Elektroindustrie einen Tarifvertrag, der die Möglichkeit schafft, dass aus verschiedenen Anlässen, wie z.B. Kindererziehung, Pflege der Angehörigen, Gesundheit die Arbeitszeit befristet für zwei Jahre bis zu 28 Stunden reduziert werden kann.

Der Vorsitzenden des Angestelltenausschusses der Geschäftsstelle Völklingen, Roman Riegler, stellte fest: „Die Kolleginnen und Kollegen müssen erkennen, was mit ihnen passiert. Wir müssen den Leuten transparent machen, dass wir ihnen helfen wollen. Regeln wie das Arbeitszeitgesetz oder betriebliche Regelungen sind zum Schutze der Arbeitnehmer da und sind kein Hindernis oder Hemmnis“.
„Wir erleben es täglich, dass sich Gruppen selbst organisieren, so dass die Gruppe funktioniert auch wenn der/die einzelne in der Gruppe fehlt“, so Roland Seinsoth, Betriebsrat der Dillinger Hüttenwerke.

Die Konferenz war sich einig, das Thema der indirekten Steuerung wird uns alle in den Betrieben mehr denn je beschäftigen. Nur dann, wenn eine breite Gefährdungsanalyse in den Betrieben umgesetzt wird, können erfolgreich Gegenmaßnahmen, was z.B. psychische Belastungen anbelangt, durchgesetzt werden.

 

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Von: rh

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