6. Ordentliche Delegiertenversammlung

IG Metall Völklingen zieht Bilanz und blickt nach vorn: Herausforderungen in der Stahlindustrie und Erfolge in der Tarifpolitik

13.06.2025 | Am 12.06.2025 fand in der Stadthalle in Dillingen die 6. Ordentliche Delegiertenversammlung der IG Metall Völklingen statt. Neben dem Geschäfts- und Kassenbericht standen aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen, tarifpolitische Erfolge sowie zentrale Herausforderungen für die kommenden Monate im Mittelpunkt.

Ralf Cavelius, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Völklingen, eröffnete die Delegiertenversammlung und begrüßte die Anwesenden. 

In seinem Geschäfts- und Kassenbericht ging Lars Desgranges, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Völklingen, auf die aktuelle politische Lage ein. Mit dem sogenannten „Investitionsbooster“ stellt die Bundesregierung ein Paket in Höhe von 46 Milliarden Euro zur Verfügung. Geplant sind u. a. Superabschreibungen von 30 Prozent auf Investitionen sowie eine Absenkung der Körperschaftssteuer ab 2028. Der Investitionsbooster bietet Chancen für die Industrie, um Investitionen in Deutschland zu positionieren und insbesondere auch der Automobilindustrie wieder auf die Beine zu helfen. Kritisch wird jedoch bemängelt, dass das Packet selbst keine direkten Entlastungen für die Privathaushalte beinhaltet. „Eine zusätzliche Abschreibungsmöglichkeit auf E-Autos hätte auch unseren Kolleginnen und Kollegen und der Wirtschaft gutgetan“, so Desgranges. 

Auch aus gewerkschaftlicher Sicht gibt es politische Erfolge im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung zu vermelden. „Unsere Forderungen nach einem Industriestrompreis,  
E-Mobilitätsförderung, stabile Rente, Tariftreuegesetz und der Verlängerung der Transformationsnetzwerke finden sich darin wieder“, so Lars Desgranges. 

Die wirtschaftliche Lage bleibt hingegen angespannt – insbesondere in der Stahlindustrie. Ob bei Thyssenkrupp, bei der Salzgitter AG, bei ArcelorMittal oder auch bei Saarstahl befinde man sich in einem sehr schwierigen Marktumfeld. Restrukturierungen sind hier an der Tagesordnung und die neuen US-Zölle auf Stahl und Aluminium werfen weitere düstere Schatten voraus. 

Auch die Autoindustrie kommt nicht in Fahrt, eine aktuelle Studie von Oliver Wyman macht deutlich, wie stark die steigenden Preise für Neuwagen die Kaufkraft belasten. Im Jahr 2024 kostet ein Neuwagen im Schnitt 1,29 Jahresgehälter – 2019 waren es noch 1,16. Hauptursachen sind der Umstieg auf elektrische Antriebe, die Inflation sowie ein Rückgang günstiger Einstiegsmodelle. Die Folge: Der Neuwagenabsatz ist um 22 % eingebrochen. Besonders betroffen sind Beschäftigte mit niedrigerem Einkommen, für die der Zugang zu individueller Mobilität schwieriger wird. 

Trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen konnten zahlreiche tarifliche Verbesserungen erreicht werden. In der saarländischen Stahlindustrie gibt es eine tabellenwirksame Entgelterhöhung von 5,5 % ab April 2025. Zudem erhalten IG Metall-Mitglieder bei Saarstahl erstmals einen gestaffelten Bonus von bis zu 270 Euro netto als Erholungsbeihilfe. 

In der Textil- und Bekleidungsindustrie steigen die Einkommen neben einer Einmalzahlung ab August 2025 um 2,0 %, gefolgt von weiteren 2,9 % ab Oktober 2026. In der Metall- und Elektroindustrie gab es bereits eine Erhöhung von 2,0 % ab April 2025.  Ab Juli 2025 steigen die Entgelte im KFZ-Handwerk um 2,3 %, die monatlichen Ausbildungsvergütungen erhöhen sich um 80 Euro. Ab August 2026 steigen die Entgelte und Ausbildungsvergütungen um weitere 3,3 %.  

Ralf Cavelius ergänzte den Geschäfts- und Kassenbericht. Die nächsten Betriebsratswahlen stehen vor der Tür. Vom 1. März 2026 bis 31. Mai 2026 wählen Belegschaften ihre neuen Betriebsräte. Ohne Betriebsrat sind die Arbeitsbedingungen meist schlechter und die Einkommen niedriger. „Gute Arbeit wächst nicht auf Bäumen. Dafür braucht es nicht nur gute Tarifverträge, sondern auch Betriebsräte, die darüber wachen und im Betrieb auf Augenhöhe mitbestimmen“, so Ralf Cavelius. Im Herbst werden Wahlvorstandsschulungen stattfinden. 

Markus Andler, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Völklingen, berichtete über die Sozialstaatsoffensive, eine neue Kampagne der IG Metall. Ein starker Sozialstaat kann Umbrüche abfedern und Sicherheit im Wandel geben. Er kann Chancen eröffnen und das Leben von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besser machen – egal, ob es um Arzttermine geht, um Kinderbetreuung oder um auskömmliche Renten. Die IG Metall steht auch weiterhin für einen zukunftsfesten und eingreifenden Sozialstaat.  

Daniel Spengler, Gewerkschaftssekretär der IG Metall Völklingen, berichtete über die aktuelle Entwicklung der Ausbildungsplatzsituation. Auch in diesem Jahr müssen wir feststellen, dass die Ausbildungsplätze rückläufig sind. Nur 165 Ausbildungsplätze werden in den Betrieben im Betreuungsbereich der Geschäftsstelle ausbilden – ein neuer Negativrekord und mehr als unverständlich in Zeiten, wo das halbe Land über den Fachkräftenachwuchs klagt. 

Die Delegiertenversammlung hat gezeigt: Die IG Metall Völklingen steht trotz Herausforderungen solidarisch, organisiert und handlungsfähig da. Tarifliche Erfolge, politischer Druck und strategische Vorbereitung prägen die kommenden Monate. 

Von: mm

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