04.10.2019 | „Das Saarland steht zusammen, das Saarland rückt zusammen, das Saarland hat verstanden.“ Mit diesen Worten eröffnete Ralf Cavelius, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Völklingen die Protestkundgebung der Stahlarbeiter vor dem Landtag des Saarlandes.
Nachdem am vergangenen Montag und Dienstag vor den Betriebsversammlungen bei der Dillinger Hütte und bei Saarstahl insgesamt 9000 Menschen zum Protest der Stahlarbeiter zu großen Demonstrationszügen gekommen waren, folgten weit über 1000 Menschen dem Aufruf der IG Metall Völklingen zur Protestkundgebung vor dem Landtag des Saarlandes.
Am vergangenen Freitag hatte der Vorstand der Dillinger Hütte und von Saarstahl der Presse und der Belegschaft einen so genannten Strategieprozess vorgestellt. Hierbei sollen 1500 Arbeitsplätze abgebaut und weitere 1000 Arbeitsplätze ausgelagert werden. In diesem Zuge sollen rund 400 befristet Beschäftigte nicht mehr verlängert und auch nicht entfristet werden.
„Wir brauchen keine alternativlose Basta-Politik. Wir brauchen einen echten und ernst gemeinten Diskussionsprozesses mit den Arbeitnehmervertretern. Um unsere Stahlindustrie gegen die Gefahren von außen stark zu machen.“ so Lars Desgranges, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Völklingen.
Nach ihm sprachen Michael Fischer, Konzernbetriebsratsvorsitzender der Stahl Holding Saar und von der Dillinger Hütte und Stephan Ahr, Konzernbetriebsratsvorsitzender der Saarstahl AG.
Beide gingen auf die Situation innerhalb der Dillinger Hütte und der Saarstahl ein und machten ihren Unmut über die Vorgehensweise des Vorstandes aber auch ihren Unmut gegenüber der Politik in Berlin und Brüssel Luft.
Dann sprach Anke Rehlinger, die saarländische Wirtschaftsministerin und Mitstreiterin für den saarländischen Industriestandort.
„Wer Klimaschutz betreiben will, der braucht unseren Stahl. Und deshalb muss unser Stahl Zukunft haben. Wir müssen aber darum kämpfen, liebe Kolleginnen und Kollegen.“ So Anke Rehlinger.
Wir bedanken uns auch bei den zahlreichen Solidaritätsbrigaden für die Unterstützung an diesem Tag.
Lars Desgranges stellte in seiner Rede 14 Forderungen zum Erhalt der saarländischen Arbeitsplätze vor.
Hier die 14 Forderungen und Positionen der IG Metall zum Erhalt der Arbeitsplätze innerhalb der saarländischen Stahlindustrie:
1. Die Bundesregierung und die Europäische Union müssen die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und der deutschen Stahlindustrie sichern. Ganze Wertschöpfungsketten, beginnend mit dem Stahl bis hin zum Endprodukt, sind zu erhalten.
Die Umwelt- und Sozialstandards der deutschen Stahlindustrie sind nirgendwo so ausgeprägt wie bei uns. Sie müssen Vorbild sein für die Stahlindustrie in Europa und der Welt.
2. Die Bundesregierung und die Europäische Union sind dazu verpflichtet, zum Wohle des Volkes und der Umwelt zu handeln. Die aktuelle Handelspolitik und die weltweiten Handelskonflikte gefährden unsere Stahlindustrie in ihrer Existenz. Die bisherigen Schutzmaßnahmen (Safeguard) haben ihre Wirkung verfehlt. Daher müssen die Steigerungen der Stahl-Importe zurückgenommen und weitere Steigerungen gestoppt werden.
3. Importierter Stahl, der schlechtere Umweltwerte ausweist, als der in Europa gefertigte Stahl ist mit einer Umweltabgabe, einer Green-Border-Tax, zu besteuern. Wenn Umweltschutz, dann bitte richtig!
4. Um die notwendigen und beschlossenen CO2 Einsparungen zu erreichen, müssen die EU-Kommission und die Bundesregierung Förderprogramme in Milliardenhöhe zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie auflegen. Es gilt der Grundsatz, wer die Produktion CO2-frei aufstellt, muss wirkungsvoll unterstützt werden.
5. Für die Umstellung auf eine CO2 freie Stahlproduktion braucht die Stahlindustrie Zeit für die wirkungsvolle technische Weiterentwicklung. Zudem muss eine ausreichende Versorgung mit „Grünem Strom“ an den Stahlstandorten durch die Politik zuerst sichergestellt sein. Das Saarland muss, mit den entsprechenden Voraussetzungen, Modellregion der Co2 Reduzierung werden.
6. Alle im Stahlbereich notwendigen Personalmaßnahmen sind sozialverträglich zu gestalten. Betriebsbedingte Kündigungen müssen ausgeschlossen werden.
7. Den befristet Beschäftigten und den Auszubildenden müssen Perspektiven im Konzern angeboten werden.
8. Der Grundsatz Eigenarbeit geht vor Fremdarbeit bleibt erhalten. Outsourcing an Billiganbieter ohne Tarifbindung und ohne Betriebsrat ist abzulehnen.
9. Qualifizierungs,- und Umschulungsmaßnahmen sind aufzulegen und ebenso sozialverträglich zu gestalten. Eine Regelung wie bei Kurzarbeit (90% Entgeltabsicherung) sind über den Qualifizierungszeitraum zu bezahlen.
10. Alle Stahl-Standorte im Saarland bleiben erhalten. Es erfolgt eine Weiterentwicklung in neue Produkte und neue gewinnbringende Märkte.
11. Es wird weiter in Aus- und Weiterbildung umfangreich investiert.
12. Der Vorstandvorsitzende Tim Hartmann und der gesamte Vorstand der saarländischen Stahlindustrie hat alle Maßnahmen eng mit der Mitbestimmung zu verhandeln und abzustimmen. Alleingänge darf es nicht geben. Transformation geht nur mit und nie gegen die Belegschaft.
13. Die Montanstiftung und die Montanmitbestimmung innerhalb der saarländischen Stahlindustrie sind zu festigen und auszubauen. Dies gilt insbesondere auch für die Konzernspitzen.
14. Arbeitgeber, Arbeitnehmervertreter und Belegschaft setzen sich weiter gemeinsam dafür ein, dass innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und der europäischen Union eine Industriepolitik betrieben wird, die Industriearbeitsplätze erhält und zugleich Umweltpolitik aktiv fördert und vorantreibt.